Friday, January 05, 2007

In Ricaurte-Fortsetzung

Liebe Leute,
jetzt geht es also weiter mit den Erlebnissen in Ricaurte auf der Finca der Velasquez.
Die Vorfahren von Fredy, Lili usw. kamen so um 1850 in dieses Tal, das hinunter zum Pazifik fuehrt. Ricaurte liegt auf etwa 1300 m umgeben von hohen Bergen , z.B. dem ueber 4000m hohen noch aktiven Vulkan Azufral, und hat ein tropisches Klima, mit allerdings wegen der hohen Berge herrlicher naechtlicher Abkuehlung. Also ein eigentlich paradiesischer Platz . Hier waechst auch alles was man sich so denken kann. Aber leider eben nicht nur Zuckerrohr, Mango, Papaya usw. sondern eben auch der Kokastrauch. Und das, und die doch zum Teil grosse Armut vieler sehr kleiner Bauern fuehrte dazu, dass hier ein grosses Koka-Anbaugebiet entstand. Dieser Koka-Anbau wird forciert sowohl von der Guerilla, wie auch von den Paramilitaers, die sich beide damit finanzieren. Guerilla und Paramilitaers sind in einem staendigen Konflikt in diesen Zonen und es gibt immer wieder Kampfhandlungen, die mit grosser Haerte und Brutalitaet gefuehrt werden. Und dann gibt es die regulaeren Streitkraefte, die eigenlich beide Parteien bekaempfen sollen. Meist kommt es schliesslich dazu, dass sich Guerilla und Paramiltaers ein Gebiet sozusagen aufteilen, zumindest zeitweise. Waehrend die Guerilla relativ gut organisiert scheint, Uniformen traegt und in ihren Gebieten wohl auch sozial taetig ist, d.h. Schulen usw errichtet und fuer eine Ordnung in ihrem Sinne sorgt, geht es den Paramilitaers lediglich um die Bekaempfung der Guerilla, um die alte oligarchische Ordnung in Kolumbien aufrechtzuerhalten. Nach Meinung ihrer Fuehrer bekaempft die Regierung die Guerilla nicht entschieden genug und sie fuehlen sich berufen dies zu tun. Die Pramilitaers tragen keine Uniform, sind aber waffenmaessig genausogut ausgeruestet wie die Guerilla. Wie man aber weiss gibt es Verbindungen der Paramilitaers bis in hoechste politische Kreise, dies aber natuerlich nicht offen, sondern im Verborgenen. Immer wieder, so auch in der Zeit vor Weihnachten kommen solche Beziehungen ans Licht der Oeffentlichkeit. So wurden juengst drei Abgeordnete wegen solcher Verbindungen zu den Paramilitaers verhaftet und stehen jetzt vor Gericht. Die Guerilla sieht sich demgegenueber weiterhin als Vertreter der kleinen Leute. So wurden im Norden im Gebiet des Rio Atrato in einer Gemeinde vor Weihnachten ein Buergermeister mit einem Gemeinderat zusammen vor versammelter Gemeinde wegen angeblicher Korruption " hingerichtet".
Die Auswirkungen dieser staendigen Konflikte in bestimmten Teilen von Kolumbien haben wir in Ricaurte nun relativ hautnah mitbekommen. So haben viele Leute, so auch die Velasquez ihre Land praktisch verlassen. Die Finca, auf der normalerweise Harold arbeitet, ist weitgehend verlassen. Nur noch wenig wird angebaut, und er wohnt nun hauptsaechlich oben in Pasto.
Gerne wuerde er das Land bebauen, genauso wie sein Bruder Franco. Im Dorf Ricaurte ist viel offizielles Militaer stationiert und hat sich am Marktplatz hinter enormen Befestigungsanlagen aus Sandsaecken verbarrikadiert. So wird versucht, wenigstens die Strasse nach Tumaco, einem wichtigen Hafen freizuhalten. Aber vor einigen Tagen gab es einen Anschlag, angeblich der Guerilla, mit einer Autobombe bei dem allerdings kein groesserer Schaden entstand. Durch solche Vorkommnisse wird aber zumindest Angst und Schrecken verbreitet. Die Frau eines Vetters von Fredy erzaehlte uns, wie vor eienm Jahr ihr Vater umgebracht wurde. Er wurde von Guerilleros mitgenommen - der Grund wurde uns nicht ersichtlich. Auf jeden Fall wurde er in eine Schlucht gestuerzt. Trotz solcher schrecklichen Vorkommnisse bleiben viele in dem Gebiet. Es ist eben ihr Land, ihre "tierra" an der sie haengen und die sie nicht verlasen wollen.
In unserer zweiten Nacht auf der Finca, die direkt an der Strasse nach Ricaurte liegt, bekamen auch wir einen gehoerigen Schrecken, als ploetzlich mitten in der Nacht gepanzerte Wagen vorfuhren und direkt vor dem Haus stehenblieben. Was wollen die hier, um wen handelt es sich? Es war das Militaer, das hier fuer etwa eine Stunde Stellung bezog. Gespannt lauschten wir hinaus. Schliesslich zogen sie ab. Wir hatten auch noch aus einem anderen Grund doch ein bischen Angst hier und wollten deshalb nur ein bis zwei Naechte hierbleiben. Diese Angst besteht in moeglichen Entfuehrungen. Nicht nur Guerilla oder Pramilitaers entfuehren besonders "wertvolle" Auslaender, wegen Erpressung und internationaler Aufmerksamkeit, sondern auch normale Kriminelle, die diese dann regelrecht an die Guerilla verkaufen. Also wir hatten schon ein bisschen Angst und so waren wir schon ein bischen erleichtert, als wir von Fredy wieder hinauf nach Tuqueres Richtung Pasto gebracht wurden, wo wir einen Bus nahmen und die Familie Velasquez nun doch schweren Herzens und mit Traenen in den Augen verliessen.
Trotz ein bischen Angst, war dies doch eine wichtige Erfahrung. So konnten wir doch ein wenig nachvollziehen mit welcher staendigen Angst, mit welchen Hoffnungen auf Besserung die Menschen in diesen konfliktiven Gebieten/in diesem Land leben muessen.
Liebe Gruesse Hubert

0 Comments:

Post a Comment

<< Home