Friday, December 08, 2006

der schamane

Wir sind nun ja schon viel laenger in kolumbien als urspruenglich gedacht, und das hat zwei Gruende:
1. Ist die Sicherheitslage doch viel besser, als man in Deutschland so denkt. Militaer und Polizei sind ueberall praesent, sodass in vielen Teilen des Landes praktisch keine Gefahr besteht.
2. Und zweitens kam uns da der Schamane dazwischen, der uns so fasziniert hat, dass wir von Kolumbien noch nicht wegkoennen.
Um das, ein bischen wenigsten, verstaendlich zumachen, muss ich kurz darueber berichten.
Die Verbindung zum Schamanen, hier als taita bezeichnet, kam durch unseren Freund Fredy zustande. Er spielt mit seiner Musikgruppe bei den Zeremonien des taita, die immer am Wochenende stattfinden. Er hat uns am ersten Wochenende unseres Aufenthalts einfach mal mitgenommen. Wir waren natuerlich sehr neugierig, wollten aber nur als Beobachter dabeisein.
Die Zeremonien finden nicht in Bogota statt, wo taita auch eine Art Praxis hat, sondern in La Vega, etwa 50 km ausserhalb von Bogota auf einer Finca in wunderbarer tropischer Umgebung, ein schon besonderer, magischer Platz. Wir kamen abends so gegen 9 Uhr dort an. Es waren schon an die hundert Leute da, die entweder ihre Haengematten fuer die Nacht mitgebracht haben, oder wie wir ein kleines Zelt aufgestellt haben. Um etwa 10 Uhr begann die Zeremonie, das sog. Yagé. Zu unsrer Verwunderung begann in dem gr0ssen Zelt aber nun eine ganz normale kath. Messe. Im Hintergrund in seiner Haengematte der taita in seinem weissen indianischen Gewand. Die Messe wird gemacht auch mit der Absicht, den normalen Kolumbianern, die sehr katholisch sind den Zugang zu der indianischen Zeremonie zu erleichtern. Die Messe war also nicht ungewoehnlich: Lieder mit Fredys Gruppe, Predigt, Kommunion und der abschliessende Segen. Da ist mir eigentlich zum ersten Mal aufgefallen, dass es hier doch etwas anderes ist: Die Menschen waren nach dem Segen geloest und nett miteinander, haben sich umarmt, es entstand eine sehr familiaere sehr angenehme Stimmung. Nach der Messe wurde nun einfach der Altar weggeraumt und taita stand nun auf und richtete sich fuer das Yagé. Er legte seinen grossen Halsschmuck an, setzte seinen Federschmuck auf und begann dann mit ruhigen Worten mit einer Ansprache, man koennte auch Predigt dazu sagen. Das Ganze in einer sehr lockeren, manchmal auch lustigen Art. Er giff z.B. das Verhaeltnis zwischen Eltern und Kindern auf: Es ging dabei um Achtung, Zuwendung Fuersorge,Liebe usw. aber in einer sehr eindringlichen Art. Der taita vermittelte diese alltaeglichen Dinge aber mit grosser Ausstrahlung und aussergewoehnlicher Autoritaet. Bis hierher kam uns alles ganz normal und nicht geheimnisvoll oder befremdlich vor, aber nun kam das eigentlich Schamanische. Taita ergriff nun ein Bueschel getrockneter heiliger Blaetter, nahm seine Rasseln zur Hand und fing mit seinem magischen Gesang an. Er versucht auf diese Weise Kontakt mit dem grossen Geist aufzunehmen. Waehrenddessen produzieren weissgewandete Helfer mit Holzkohle und getrockneten Kraetern Rauch, der die ganze Szenerie einhuellt. Besondere Beachtung findet bei Allem der Tisch mit den grossen hoelzernen Gefaessen, die den geheimnissvollen Trank enthalten, der nachher an alle Anwesenden verteilt wird. Nach etwa 10 Minuten ist es dem taita offenbar gelungen den Kontakt mit dem Geist herzustellen und er beginnt nun mit der Verteilung des Tranks an die Anwesenden. Elly und ich hatten beim ersten Yagé ja eigentlich nur vor zu beobachten, alles anzuschauen, aber das war nach der ungewoehnlichen geheimnisvollen Zeremonie nicht mehr moeglich. Ein unwiderstehlicher Sog ergriff uns, und wir gingen nun auch wie selbstverstaendlich vor, um von taita den Becher mit dem Trank zu empfangen. Als ich vor ihm stand beruehrte er mit einer ganz schnellen Bewegung mein Handgelenk, um anscheinend den Puls zu fuehlen. Ich hatte das Gefuehl als wolle er sich versichern, ob er mir den Trank geben koenne. Ich nahm in mit beiden Haenden wie alle anderen zuvor den Becher und trank. Es schmeckte nicht bitter, aber irgendwie seltsam unangenehm, der Grund dafuer, warum man danach von einem Helfer einen Schluck Wasser bekam, um den unangenehmen Geschmack etwas wegzuspuehlen. Elly nahm den Tank nach mir und wir gingen daraufhin mit Fredy hinaus, um die laue Tropennacht und den Sternenhimmel zu bestaunen. Nach etwa einer Stunde hatten wir das Gefuehl, jetzt aber allein sein zu wollen, und so gingen wir in unser Zelt und legten uns auf unsere Matten, zunehmend jeder mit sich selbst beschaeftigt. Die Wirkung des Tranks - man kann auch sagen der Droge- setzte nun ein. Zu beschreiben, was nun in jedem von uns vorging waere nun viel zu persoenlich. Ich kann jetzt nur fuer meinen Fall sagen, dass ich nach einer Phase schrecklicher Halluzinationen, die wie eine Art reinigendes Fegefeuer waren, durch das ich durchmusste , ueber Stunden in einem Zustand war, in dem ich tiefgreifendste Erkenntnisse ueber mich und mein Dasein gewann, in einer unglaublichen Klarheit, die man sich nicht vorstellen kann. In dieser einen Nacht sind mir Dinge klargeworden, vor Augen gefuehrt worden, zu denen ich wohl ohne das Yagé nie gekommen waere. Als ich am naechsten Tag, so um 12 Uhr mittags langsam wieder in die Realitaet zurueckfand, wurde mir ganz ganz langsam klar, welch tiefgreifendes Erlebniss ich hintermir hatte. Der Schrecken der furchtbaren Halluzinatinen wich langsam dem Gefuehl, etwas ganz Positives geschenkt bekommen zu haben. In Ellys Fall verlief das Yagé vollkommen anders, und wir hatten das Gefuehl, das sie nach einer gewissen Zeit ein weiteres Yagé brauchte.
So werden wir also dieses Wochenende wieder nach La Vega zum Yagé fahren.

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